
Nachdem wir in dem vorhergehenden Beitrag über Sichtschutzarten informierten, widmen wir uns nun ihren rechtlichen Anforderungen. Im speziellen Fall gehen wir hier auf Zaun, Mauer und Hecke ein.
Wie schnell kann es durch Unkenntnis der Sachlage zu vermeidbaren Streitigkeiten mit dem Nachbarn kommen. Da wird eine Hecke zu nah an das Nachbargrundstück gepflanzt oder eine Mauer zu hoch gebaut. Mit den wichtigsten Grundregeln in puncto Nachbarrecht müssen solche Situationen gar nicht erst entstehen.
Mauer und Zaun als Sichtschutz und Grenzmarkierung
Wie hoch ist ein Sichtschutz-Zaun?

Hecke als Sichtschutz und lebende Grenze

- Pflanzen bis zu 100 cm Höhe müssen einen Abstand von mindestens 25 cm wahren.
- Pflanzen ab 101 cm bzw. 150 cm Höhe haben eine Entfernung von mindestens 50 cm einzuhalten.
- Hecken ab 151 cm Höhe dürfen nicht näher als 75 cm an das Nachbargrundstück heran reichen.
- Pflanzen bis 300 cm Höhe müssen bereits 100 cm Abstand leisten.
- Pflanzen bis 500 cm Höhe haben mindestens 125 cm Abstand einzuhalten.
- Bei einer Höhe von 1500 cm muss ein Mindestabstand von 300 cm gewahrt bleiben.
- Pflanzen mit einer Höhe über 1500 cm müssen mindestens 600 cm entfernt zum Nachbargrundstück stehen.
Bäume als Sichtschutz – Regelung nach dem Nachbarrecht
Die nicht-einheitlichen Regelungen für lebenden Sichtschutz gelten selbstverständlich auch für Bäume. Unabhängig davon, ob diese schon vorher vorhanden waren oder extra zu diesem Zweck gepflanzt wurden, gelten je nach Bundesland unterschiedliche Regelungen nach dem sogenannten Nachbarrecht. Diese Regelungen legen Abstände zur Grundstücksgrenze, Höhe, Überhang und sonstige Besonderheiten fest, die zu berücksichtigen sind, wenn Bäume als Sichtschutz verwendet werden.
Exkurs: Nachbarrecht ist Ländersache
Als Teil des sogenannten Sachenrechts, welches sich sowohl mit beweglichen Sachen als auch mit Grundstücken befasst, umfasst das Nachbarrecht Regelungen, die das Schalten und Walten eines Grundbesitzers auf seinem Grundstück betreffen. Wichtig dabei ist für unseren Betrachtungsgegenstand folgender Grundsatz:
Das Recht, mit seiner Sache (Grundstück) nach Belieben zu Verfahren, gilt unter Rücksichtnahme auf benachbarte Grundstücke und die gegenseitigen Beeinträchtigungen, die durch diese Nachbarschaft unvermeidlich sind.
Da wesentliche Bestandteile des Nachbarrechts schon immer regionalen bis örtlichen Gesetzen und Gebräuchen unterworfen waren, können in den meisten Fällen keine Aussagen getroffen werden, die für das gesamte Bundesgebiet gelten. Allgemein gültige Gesetze hinsichtlich der Rechtsbeziehungen zwischen Nachbarn sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu finden. Konkret interessant sind dabei §§ 903 bis 924 sowie §1004. Die einzelnen Länder fassen ihr Nachbarrecht mehr oder weniger streng; in Hamburg gibt es das Nachbarrecht nicht. Daher können hier aufgeführte Fälle nur als Fallbeispiele dienen. Im Zweifelsfall sollten Sie sich mit Ihren Fragen an die jeweils zuständige Behörde Ihres Bundeslandes wenden. Bei Streitfragen ist dies zunächst das Schiedsamt, welches ohne lästiges und kostspieliges Gerichtsverfahren hinzugezogen werden kann, um eine Einigung zwischen den Streitparteien zu erzielen. Sollte so eine Einigung nicht zustande kommen, müssen derartige Streitfälle vor einem Zivilgericht verhandelt werden.
Nachbarrechte im Überblick
Nachbarrecht Baden-Württemberg
Nachbarrecht NRW Nordrhein-Westfalen
Nachbarrecht Schleswig-Holstein
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es kein spezifisch ausgearbeitetes Nachbarrecht, aber dennoch ein paar Richtlinien, die vom Bundesland kommuniziert werden. Diese sind hier zu finden: Nachbarrecht – Richtlinien – Mecklenburg-Vorpommern.
Bebauungsplan der Gemeinde kommt vor den Nachbarrechten
Bevor Sie jedoch die Nachbarrechte durchstöbern, sollten Sie sich zunächst den Bebauungsplänen Ihrer Stadt oder Gemeinde widmen. Diese Vorschriften sind den Nachbarrechten gegenüber höher gestellt! Sagt das Nachbarrecht, Sie dürfen Ihren Sichtschutz-Zaun 1,80 m hoch bauen, der Bebauungsplan jedoch spricht von einer maximalen Höhe von 1,50 m, dann ist dem Bebauungsplan Folge zu leisten. Ihr Zaun dürfte die Höhe von 1,50 m nicht überschreiten.
Bäume als Sichtschutz – zulässige Höhen und Abstände
Wie bereits beschrieben, gelten für Pflanzabstände und Höhen von Bäumen, die als Sichtschutz genutzt werden, je nach Bundeland unterschiedliche Regelungen. Wir haben hier exemplarisch einige Regelungen aufgeführt, um Ihnen einen ungefähren Eindruck dessen vermitteln zu können, worauf Sie sich als Grundstücksbesitzer einzustellen haben.
Das Wesentliche vor allem dann, wenn Sie neue Bäume pflanzen möchten: Informieren Sie sich, wie hoch diese Bäume werden. Bedenken Sie dabei auch, dass Sie eventuell das Grundstück Ihren Kindern oder anderen Personen vererben möchten, die sich dann gegebenenfalls mit dem Problem befassen müssen. Ausgehend von diesen Wachstumsgrößen sollten Sie entscheiden, welche Bäume Sie pflanzen. Nehmen Sie die Pflanzung dann bereits im entsprechenden Abstand zum Grundstück Ihrer Nachbarn vor.
Pflanzabstände bemessen
Um den Abstand eines Baumes von der Grundstücksgrenze korrekt zu bestimmen, wird von der Mitte des Baumstammes aus (knapp über der Baumwurzel) bis zur Grundstücksgrenze gemessen.
Pflanzabstände in NRW
In Nordrhein-Westfalen sind folgende Pflanzabstände für Bäume von den Nachbargrundstücken einzuhalten:
- Stark wachsende Bäume (v.a. Linde, Platane, Rosskastanie, Rotbuche, Eiche und Pappel): 4,00 Meter.
- Übrige Bäume: 2,00 Meter
- Obstbäume (Kernobst), die auf stark wachsender Unterlage veredelt sind, einschließlich Walnuss, Esskastanie und Süßkirsche: 2,00 Meter
- Obstbäume (Kernobst und Steinobst), die auf mittelstark wachsender Unterlage veredelt sind, abgesehen von Süßkirschen: 1,00 Meter
- Obstbäume (Kernobst), die auf schwach wachsender Unterlage veredelt sind: 1,00 Meter
Zur Erläuterung: Veredelung auf Unterlagen bedeutet, dass das Wurzelsystem einer Pflanze sowie ein Teil des Stammes (die Unterlage) mit einer weiteren Sorte derselben Pflanze durch Aufpflanzung gekreuzt bzw. geklont wird. Dies geschieht, um die optimale Versorgung des Triebs durch die Unterlage zu gewährleisten und gute Resultate bei der Ernte zu erzielen.
Pflanzabstände in Niedersachsen
Der direkte Vergleich zwischen dem niedersächsischen und dem nordrhein-westfälischen Nachbarrecht eignet sich gut, um die teilweise gravierenden Unterschiede zu illustrieren, die beim Nachbarrecht zwischen den einzelnen Bundesländern bestehen. Niedersachsen unterscheidet nicht zwischen einzelnen Baumsorten und geht indes nur nach der Größe der Bäume beziehungsweise nach dem Abstand, den die Bäume zur Grundstücksgrenze haben:
Mindestabstand zur |
Maximale Baumhöhe (in Metern) |
0,25m |
1,20m |
0,50m |
2,00m |
0,75m |
3,00m |
1,25m |
5,00m |
3,00m |
15,00m |
8,00m |
über 15m |
(Quelle: Tipps für Nachbarn – Nachbarschaftsrecht in Niedersachsen)
Pflanzabstände in Bayern
Wer in Bayern lebt und dort Bäume als Sichtschutz verwenden möchte, hat es mit dem vorhergehenden Studium der Regularien noch einfacher. In Artikel 47 (Grenzabstand von Pflanzen), Abschnitt 1 des bayerischen Nachbarrechts heißt es schlicht und ergreifend:
„Der Eigentümer eines Grundstücks kann verlangen, dass auf einem Nachbargrundstück nicht Bäume, Sträucher oder Hecken, Weinstöcke oder Hopfenstöcke in einer geringeren Entfernung als 0,50 m oder, falls sie über 2 m hoch sind, in einer geringeren Entfernung als 2 m von der Grenze seines Grundstücks gehalten werden.“
(Quelle: Bayerische Staatsregierung)
Pflanzabstände in Baden-Württemberg
Wesentlich penibler geht dagegen die Regierung in Baden-Württemberg mit dem Thema „Pflanzabstände“ um.
- Obstbäume, die mehr als 4 Meter Höhe erreichen, müssen mindestens 1,50 Meter von der Grundstücksgrenze entfernt stehen. Wenn die Obstbäume auf starkwüchsigen Unterlagen veredelt sind, gilt ein Mindestabstand von 4 Metern.
- Mittelgroße und schmale Bäume (zu denen zum Beispiel Birken, Akazien und Weißbuchen zählen) müssen einen Abstand von 2 Metern einhalten.
- Großwüchsige Laubbäume wie Eiche, Buche, Kastanie und Ahorn müssen mindestens 6 Meter von der Grundstücksgrenze entfernt bleiben.
- Für großwüchsige Nadelbäume gilt ein Abstand von 8 Metern.
(Quelle: beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de)
Hinweis: Richtlinien wie die hier dargestellten können im Laufe der Zeit vom Gesetzgeber geändert werden.